So veröffentlichte Jesse Brown Canadaland weltweit
Jesse Browns Canadaland hat seit 2013 offengelegt, wie die kanadischen Medien funktionieren. Außerdem war er der Zeit jahrelang voraus und bot seinen Fans Abos an, lange bevor sich das Abo-Modell als eine bewährte Einnahmequelle im Podcasting etabliert hatte. Diese Abonnent:innen trugen dazu bei, dass sich Canadaland zu einem vollwertigen Podcast-Netzwerk entwickelte, das Mittel für auf Recherche basierende Hits wie Thunder Bay und Cool Mules bereitstellt, die das Publikum weit über die Grenzen des Großen Weißen Nordens hinaus begeistert haben.
Bekannt für seine ehrliche Art, Canadaland zu leiten, sprach Jesse mit Apple Podcasts, um seine Sichtweise darüber zu teilen, wie man sein Publikum dazu ermutigt, in seine Arbeit zu investieren (im wahrsten Sinne des Wortes), wie sich das Abo-Modell entwickelt hat und warum aufstrebende Journalist:innen nicht auf Erlaubnis warten sollten, um ihren Podcast zu starten.
Apple Podcasts: Kannst du erklären, wie du zum Podcasting gekommen bist?
Jesse: Als ich in der Highschool ein Zine herausgab, interessierte ich mich sehr für den Umgang mit den Medien in der DIY-Punk-Kultur. Doch dann wurde ich ein Rundfunksprecher bei der CBC und versuchte, meine Ansichten und Ideen in die traditionellen Medien einzubringen. Im Jahr 2013 hatte ich eine Idee für eine Sendung. Die einzige Möglichkeit, sie umzusetzen, war Podcasting, was damals noch nicht so verbreitet war, wie es heute ist. Ich machte mir Sorgen, dass ich meine Marke als nationaler Radiomoderator abwerten würde, aber diese Idee ging mir nicht aus dem Kopf. Schließlich sagte meine Frau: „Entweder hörst du auf, über diese Idee zu reden, oder du machst es einfach.“ Ich wünschte nur, ich hätte es schon früher getan.
AP: Wie hat sich dein Hintergrund als Journalist auf Podcasting übertragen?
Jesse: Ursprünglich wollte ich mit Canadaland einfach Medienkritik und Berichterstattung in Kanada betreiben. Um offenzulegen und zu zeigen, wie die Medien wirklich funktionieren, war ein partnerschaftliches und transparentes Vorgehen notwendig. Ich spreche mit meinen Hörer:innen darüber, wie es läuft, und lasse sie wissen, wenn wir versagen, was wir nicht erreicht haben und was unsere Ziele sind, damit sie sich bei Canadaland eingebunden fühlen. Und sie investieren tatsächlich in die Sendung. Zahlende Unterstützer könnten buchstäblich Anerkennung für unsere Ermittlungen – von denen einige zu großen Schlagzeilen wurden – ernten, weil sie sie mitfinanziert haben.
AP: Was waren einige der Hindernisse oder Herausforderungen, mit denen du bei der Einführung von Abos konfrontiert warst?
Jesse: Wenn ihr euch meine frühen Aufrufe zum Abonnieren anhört, klinge ich sehr verlegen. Es hat eine Weile gedauert, bis mir klar wurde, dass es ein Publikum für das gibt, was wir tun, und dass ein erheblicher Prozentsatz von ihnen bereit ist, zahlende Abonnent:innen zu werden, wenn wir nur herausfinden, wie wir den größtmöglichen Nutzen bieten können.
Unser Ansatz für den Ausbau und die Diversifizierung von Einnahmequellen besteht darin, dass wir etwas einfach anfangen und bei Bedarf das Chaos hinterher beseitigen. Wir haben einige Trends frühzeitig erkannt, wie z. B. die Einführung von kostenpflichtigen Abos im Jahr 2014, bevor es überhaupt eine Technologie gab, die es ermöglichte, Werbung zu entfernen und private Streams anzubieten.
Eine Zeit lang sorgten die für das Anbieten von Abos erforderlichen Workarounds für Spannungen und schränkten unsere Fähigkeit ein, Hörer:innen in Abonnent:innen umzuwandeln. Die Abo-Taste von Apple hat uns eine ganz neue Einnahmequelle eröffnet. Das Benutzererlebnis – der reibungslose Vorgang – es ist so einfach.
AP: Wie wirken sich diese jahrelangen Erfahrungen in der Entwicklung dieser Einnahmequelle auf deine Strategie in Bezug auf Abos für Apple Podcasts aus und was möchtest du damit machen?
Jesse: Ein Problem beim Podcasting ist, dass die Leute irgendwann anfingen zu denken, dies sei Silicon Valley, wo Erfolg bedeutet, dass man 10 oder 100 Mal größer wird. Wir bauen unser Unternehmen mit einem Abo nach dem anderen auf. Wenn wir gegenüber dem Vorjahr um zehn, 20 oder 30 Prozent wachsen, ist das großartig. Ich denke, was lange währt, wird endlich gut.
Als Podcast, der sich auf Kanada konzentriert, haben wir für die meisten unserer Sendungen ein kleineres potenzielles Publikum. Aber wir haben Enthüllungsgeschichten, die zufällig in Kanada spielen und dank der Partnerschaft und Unterstützung von Apple Millionen von Hörer:innen auf der ganzen Welt erreicht haben.
Es war wirklich wichtig, ein Abo-Produkt zu entwickeln, das sich speziell an dieses große Publikum richtet und für das ein ganzes Team Jahre brauchen würde. Deshalb haben wir für den Kanal Canadaland Investigates mit einem Preis von 1 Dollar pro Monat experimentiert. In der Anfangszeit hatten wir mit „Hey, es kostet nur einen Dollar und du kannst dir jetzt alles anhören.“ geworben. Aber wenn jemand am Ende einer Story angelangt ist, wechseln wir von diesem ersten Wertversprechen zu einer Aussage über die Finanzierung unserer wichtigen Aufgabe. Die Hörer:innen geben uns quasi ein Trinkgeld im Austausch für Bonusinhalte und frühen Zugriff auf neue Folgen. Das war genauso erfolgreich wie das Abo-Modell für unsere Vorzeigenachrichtensendung und die Sendung zum aktuellen Zeitgeschehen. Damit konnten wir verschiedenen Zielgruppen unterschiedliche Produkte zu unterschiedlichen Preisen anbieten.
AP: Wie hat sich das Abo-Modell im Laufe eures Wachstums in die Gesamtstrategie von Canadaland eingefügt?
Jesse: Insgesamt machen die Abos mindestens die Hälfte unserer Einnahmen aus. Ich hatte Angst, dass unsere zahlenden Abonnent:innen den Gürtel enger schnallen würden, als die Pandemie ausbrach, aber unser Abo-Geschäft wuchs, weil wir den Menschen Nachrichten, Verbindungen und Gespräche zu einer Zeit boten, in der sie wirklich abgeschnitten und isoliert waren. Wir sahen diese Loyalität als Verpflichtung an, unseren Hörer:innen einen maximalen Wert zu bieten.
Menschen finden Podcasts auf ganz unterschiedliche Weise. Wenn uns jemand bei Apple findet, versuchen wir, ihn in eine engere Beziehung zu unserer Marke und unseren Inhalten zu bringen. Damit können wir die Hörer:innen auf eine Art und Weise ansprechen, wie es uns vorher nicht möglich war.
AP: Wie gestaltet Canadaland deiner Meinung nach die Branche für Nachrichtenmedien mit?
Jesse: Im Laufe der Jahre haben wir immer wieder gehört, dass es keine Möglichkeit gibt, Menschen dazu zu bringen, für Nachrichten zu bezahlen. Aber seit 2013 haben wir einen Weg gefunden, weiterhin zu berichten, zu kommentieren und zu recherchieren und dabei auch noch Geld zu verdienen. Mit Qualitätsjournalismus lässt sich beim Podcasting Geld verdienen. Das gilt sowohl für originelle, investigative Arbeit als auch für die Erklärung der täglichen Nachrichten, bei der eine Person den Hörer:innen einfach hilft, sich einen Reim auf die Geschehnisse zu machen. Es ist ein wunderbarer öffentlicher Dienst, den die Demokratie wirklich braucht, und auch ein sehr erfolgreiches Produkt. Ich glaube nicht, dass Podcasting unbedingt die einzige Lösung für die Krise im Journalismus ist, aber es ist ein wichtiger Bestandteil, der manchmal übersehen wird.
AP: Welchen Rat kannst du jemandem geben, der mit seiner Berichterstattung ein Unternehmen aufbauen möchte?
Jesse: Ich wünschte nur, ich hätte nicht so viele Jahre damit verbracht, auf die Entscheidung anderer darüber zu warten, ob ich die Arbeit machen kann, die ich möchte. Gönne dir deinen Traumjob als ersten Job. Tu, was du tun musst, um finanziell über die Runden zu kommen, aber warte nicht auf die Erlaubnis von irgendjemandem, genau darüber zu berichten, worüber du berichten möchtest. Fang einfach an und baue dein Publikum auf – auf jede erdenkliche Weise und so schnell wie möglich. Das ist das, wovor viele junge und ambitionierte Journalist:innen am meisten Angst haben. Ich denke, Podcasting sollte im Mittelpunkt deiner journalistischen Arbeit stehen. Sag einfach: „Ich bin neu in diesem Bereich, und ich mache es, weil ich es möchte. Ich werde wahrscheinlich in der Öffentlichkeit lernen und Fehler machen, aber ich bin hier, um unerschrocken Fragen an die wichtigsten Personen auf diesem Gebiet zu stellen.“ Lass dich einfach von deiner Neugier leiten. Ich denke, du wirst feststellen, dass die Menschen wirklich offen und hilfsbereit sind. Es kann fünf oder sechs Jahre dauern. Aber am Ende dieser fünf oder sechs Jahre bist du ein:e erfahrene:r Reporter:in in der Mitte deiner Karriere mit guten Quellen und einem Publikum. Und egal, ob du einen Artikel schreibst oder versuchst, mit Apple-Abos über dein Publikum Geld zu verdienen, du kannst dieses Publikum überallhin mitnehmen.